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Dramatische Aufsichtsratssitzung der TIWAG wegen CBL-Desaster

Am vergangenen Donnerstag hat eine stürmische, bis in die Nachstunden dauernde Sitzung des TIWAG-Aufsichtrates stattgefunden. Thema war vor allem das Cross-Border Desaster. Die Summen, welche die TIWAG hier akut nachschießen muss, sind weit jenseits der bisher kolportierten Angaben. Es geht, hört man, um zig Millionen US-Dollar, die von der TIWAG stante pede aufgeliehen werden mussten und bereits verheizt wurden.

Herr Landeshauptmann, erzählen Sie der Tiroler Bevölkerung keine Weihnachtsmärchen, sondern teilen Sie den eigentlichen Eigentümern der TIWAG, den Tirolerinnen und Tirolern, mit, was Sache ist.
Sie warten auf Ihre unverzügliche Antwort!

Wie es einem kleinen Energiekonzern wie der TIWAG bei einem Cross-Border-Geschäft mit einem Konzern wie John Hancock (an den ja ein Teil der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz vercrossbordert wurde) gehen kann, hat uns gestern die Herald Tribune wissen lassen. Weil der Versicherer des Deals, die amerikanische Ambac Assurance (bei der auch die Sellrain-Silz-Depots versichert sind!) in Schwierigkeiten ist, versucht der Hancock-Konzern, aus seinem CBL-Partner Hoosier auf der Stelle 120 Millionen US-Dollar herauszupressen.

Zu den Ambac-TIWAG-Turbulenzen





Eine ländliche Genossenschaft verfängt sich in einem komplexen Deal

Von Gretchen Morgenson

Kollateralschäden durch die Finanzkrise tauchen an den unmöglichsten Orten auf. Sogar das südliche Indiana, wo die Energiegenossenschaft Hoosier 800.000 bäuerliche, mittelständische und private Kunden versorgt, ist bedroht.

Aber anders als viele andere Unternehmen heutzutage hat Hoosier keine finanziellen Probleme. Die Firma floriert sogar.

Was das Unternehmen gefährdet, ist die Sorte finanzieller Alchimie, die zu unserer Bankenkrise beigetragen hat: ein scheußlich verschachtelter Deal, den Hoosier mit der John Hancock Life Insurance im Jahr 2002 ausgehandelt hatte.

Da ein Teil dieses Deals nun gefährdet ist, versucht John Hancock eine Ablösesumme von 120 Millionen US-Dollar zu lukrieren, was für Hoosier Gläubigerschutz bedeuten könnte.

Die Probleme der Hoosier-Hancock-Transaktion sind Gegenstand einer Klage vor einem US-Gericht in Indianapolis. David Hamilton, der oberste Richter des Southern District von Indiana, gab kürzlich Hossiers Antrag auf eine vorläufige gerichtliche Verfügung statt, um jede Ablösezahlung zu verhindern bevor der Konflikt zwischen den Parteien gelöst ist.

Wie die meisten Elektrizitätsgenossenschaften erzielt auch Hossier keine großen Profite. Die Gewinne dienen hauptsächlich als Rücklagen für zukünftige Verluste oder gehen an Teilhaber des Unternehmens. Dessen Non-profit-Status ist wesentlich für den Deal, der Hoosier heute so plagt.

Der Deal wurde Hossier angeboten als eine Möglichkeit, Steuereinsparungen, die es selbst nicht nutzen konnte, an ein Unternehmen zu verkaufen, das diese nutzen konnte. John Hancock war so ein Unternehmen. Bekannt als ein „sale-in, lease-out“, kurz: SILO, wurde das Geschäft arrangiert von Basbcock & Brown, einem australischen Investmentunternehmen.

Genau beschrieben auf 4000 Druckseiten war der SILO-Vertrag etwas was nur einem Wortverdreher von der Wall Street gefallen konnte. Er beinhaltete einen Verkauf und eine Rückmiete, zwei Kreditderivate und eine Steueroase ähnlich jenen Verträgen, welche die US-Finanzbehörde bereits als Missbrauch eingestuft hat.
In anderen Worten eine Dreierwette gequälter Finanzierung.

Die Investment-Banker und Anwälte sind natürlich fein heraußen; sie erhielten 12 Millionen Dollar an Gebühren - wie aus den Gerichtsakten ersichtlich ist.

Und so funktionierte SILO: Hoosier verleaste einige seiner Kraftwerksanlagen für 63 Jahre an John Hancock, also über die Nutzungsdauer der Anlagen hinaus. Hancock bezahlte 300 Millionen US-Dollar an Hoosier, das die Anlagen für 30 Jahre zurückleaste und dafür regelmäßigen Zahlungen an Hancock zustimmte.

Andere kommunale Einrichtungen wie Verkehrsgesellschaften in einigen der größten US-Städte schlossen ähnliche Deals ab; mehrere Bundesstellen befürworteten diese Abkommen als sie in den Jahren nach 2000 populär wurden.

Von den 300-Millionen US-Dollar, die Hoosier bekam, behielt es ungefähr 20 Millionen US-Dollar und deponierte den Rest (bei Banken) mit der Ambac Assurance als Finanzversicherer. Ambac wurde beigezogen, weil die Transaktion einen Versicherer brauchte für die Bankdepots, der dafür garantierte, dass die Mietzahlungen an John Hancock für die gesamte Laufzeit erfolgen. Falls Hoosier seinen Vertragsverpflichtungen nicht nachkommen würde, dann sollte Ambac eine vorzeitige Beendigungsgebühr an Hancock bezahlen und dann dieselbe Summe von Hoosier einfordern.

Hoosier hat immer alle notwendigen Zahlungen getätigt seit der Deal abgeschlossen wurde. Probleme tauchten erst auf im Juni dieses Jahres als die Kreditratingagenturen Ambacs Kreditrating so weit heruntersetzten, dass dies mit den Abmachungen in den SILO-Verträgen nicht mehr vereinbar war.

Hoosier hatte daraufhin 60 Tage Zeit, einen neuen Versicherer mit besserem Rating zu suchen. Falls dies nicht gelingen sollte, würde Ambac 120 Millionen US-Dollar an John Hancock bezahlen und sich dann diese Summe von Hoosier zurückholen müssen. (Da Hoosier bereits einiges Geld bei Ambac deponiert hatte, würde es „nur mehr“ rund 110 Millionen US-Dollar - aufgeteilt auf vier Jahre - an Ambac bezahlen müssen.)

Da Hoosier nicht in der Lage war eine Ersatzversicherung innerhalb der 60 Tage zu finden, gewährte John Hancock dafür noch eine zusätzliche Frist. Aber dann verlor Hancock die Geduld: Am 23. Oktober informierte Hancock Hoosier, dass ein Verstoß gegen den Vertrag eingetreten war und dass die Ablösesumme von 120 Millionen innerhalb einer Woche fällig sei.

Merkwürdigerweise kam Hancocks Hinweis auf den Verstoß laut Gerichtsakten gerade als Hoosier in abschließenden Verhandlungen mit Berkshire Hathaway war, um den Ambac-Vertrag durch eine Bürgschaft zu ersetzen. Hoosiers Vorstand hatte gerade dem Wechsel zugestimmt als Hancock diesen damit verunmöglichte.

Hoosiers eigene Geldgeber begannen sofort einige der Kreditlinien herabzusetzen, sagt die Firma. Und der Richter Hamilton schrieb, dass Hancocks Handlung für Hoosier zur Beantragung von Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Insolvenrechts führen könnte.

Eine solche könnte zusätzliche Auswirkungen haben auf Anleihen Hoosiers in Millionen-Dollar-Höhe, auf Kreditvereinbarungen und auf langfristige Lieferverträge.
Am 25. November erließ der Richter eine einstweilige Verfügung.

Warum betreibt John Hancock die Sache mit der Abfindungssumme, wenn doch ein Ersatz für Ambac bevorzustehen schien?

Hoosier hat einige Erklärungen dafür. Hoosier glaubt, dass John Hancock versucht, aus den Problemen Ambacs schnelle 120 Millionen Dollar herauszuschlagen.

“Hoosier war sehr enttäuscht, dass John Hancock unsere Finanzkrise dazu ausnützen will, unerhoffte Gewinne zu machen“, sagt Reed Oslan, ein Anwalt von Kirkland & Ellis in Chicago, der Hoosier vertritt. „Hancocks Haltung hat für Hoosier zu ernsthaften ökonomischen Belastungen geführt, und wir werden uns weiterhin wehren soweit es nötig ist.“

Nein, nein, nein, sagt Jonathan Chiel, John Hancocks Chefberater. Er sagt, die Aktionen von Hancock haben nichts damit zu tun, Extraprofite einzufahren. „Wir wollen lediglich, dass Hoosier einen passenden Ersatz für Ambac findet“, sagt er, „und es ist für uns mehr als wünschenswert, den Vertrag unter diesen Umständen aufrechtzuerhalten.“
Hancock muss auch auf seine Shareholder achten, sagt Chiel.

Es scheint seltsam, dass John Hancock immer noch auf dem Verstoß beharrt, obwohl der gesamte Deal der Steuerbehörde widersprechen könnte, wie es die ähnlichen SILOs ja tun. Hancock könnte genötigt sein, Steuern und Strafen zu bezahlen, falls die Steuerbehörde gegen Hancock vorgeht.

Hoosier ist nicht gefährdet durch eine nachteilige IRS-Entscheidung zu dieser Transaktion, außer dass es wahrscheinlich die ca. 20 Millionen US-Dollar an Hancock wird zurückzahlen müssen, die Hossisier erhalten hatte als der Deal abgeschlossen wurde. Hoosier war vorsichtig genug sicherzustellen, dass er kein Risiko zu übernehmen haben würde, falls der SILO als Täuschung eingestuft würde.

“Die IRS wird sicherlich die Steuervorteile bestreiten, auf die Hancock Anspruch erhebt“, bestätigt Alan Joseph Bankman, Gutachter in dieser Sache und Professor an der Standford Law School. Er sagte dem Gericht, dass die Steuerbehörde den Unternehmen für die Auflösung der SILO-Deals Steueramnestie angeboten hat, falls sie auf zukünftige Steuervorteile verzichten und achtzig Prozent der bisher einbehaltenen Steuerersparnisse zurückzahlen.

Ungefähr 80 Prozent der Unternehmen, die solche Deals abgeschlossen haben, sind auf das Amnestieangebot des IRS eingegangen, sagte der Richter kürzlich in einer Stellungnahme.
Nicht aber John Hancock. Dessen Chefberater sagte, der Konzern glaube, dass sein Deal den Anforderungen des IRS genügen würde. Hancock hat kein Interesse, diesen abzuwickeln.

Was für ein Netz haben unsere Finanzfreunde um uns gewoben. Unglücklicherweise sieht es so aus, als könnte niemand seinen Verstricklungen entgehen.

(Übersetzung P. Santer)

Artikel in der Herald Tribune vom 21. Dezember 2008

22.12.2008


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